Güttler: Thema Quadratmeter. Aus Unternehmen wie Agenturen höre ich, dass sich die Immobilienbranche warm anziehen muss, die Office-Quadratmeter gehen langfristig runter, auch bei hybriden Arbeitsweisen. Es wird nicht mehr den Bedarf geben wie zuvor.
Mirkovic: Ich glaube, dass sich Vermieter nicht grundsätzlich so viele Sorgen machen müssen, aber es wird auf jeden Fall eine Verschiebung stattfinden. Was es definitiv aber nicht geben wird, ist die Rückkehr zu 100 Prozent Präsenz und was definitiv genauso wenig selig macht, ist nur das stille Kämmerlein.
Die Flächen werden sich verändern und dabei kann es sein, dass es ein paar Quadratmeter weniger werden. Die bestehenden Räumlichkeiten werden aber vor allem anders gestaltet sein und es wird ein Schwerpunkt auf den Austausch gelegt werden. Auf die Möglichkeiten miteinander zu interagieren und auch temporär unterschiedlich große Teams zu bilden. Das erfordert verschiedene Raumgrößen oder auch eine flexible Innenraumgestaltung. Da gehört dann die entsprechende Videotechnik dazu, damit die Kolleg:innen im Homeoffice auch von unterschiedlichen Orten mittun können. Den klassischen Großraum sehe ich allerdings gar nicht mehr, der Großraum ist tot ...
Güttler: … weil die Zukunft hybrid ist, unterschiedliche Rückzugsräume und Arbeitsmöglichkeiten braucht. Und ehrlicherweise kann man heute nur schwer abschätzen, wie hoch der Flächenbedarf wirklich sein wird – 60 Prozent vor Ort und 40 im Homeoffice oder umgekehrt? Oder vielleicht wird das Büro als Treffpunkt und Anker noch viel wichtiger als heute …
Mirkovic: Absolut richtig. Ich sehe da Riesenchancen. Und man muss erst einmal inhaltlich nachdenken. Es gibt Menschen, die gerne schwerpunktmäßig Homeoffice machen möchten, weil das für sie sinnvoll ist, weil sie die Ruhe brauchen, um sich konzentrieren zu können oder weil es irgendwelche anderen Gründe gibt. Andere brauchen viel stärker den Austausch, die direkten Gespräche, das gemeinsame Arbeiten am Whiteboard. Und natürlich gibt es alle Mischformen und das ist auch von Themen wie Projekttypen abhängig: Eine kreative Entwicklung geht oft viel besser, wenn man sich sieht – oder sich wenigstens sehr gut kennt. Andererseits zieht sich der:die Texter:in dann zurück und braucht Ruhe …
Güttler: Also möglicherweise eher so etwas wie flexible Konzepte und auch bewegliche Wände, damit man mit Teams auch im Sinne der agilen Projektarbeit zusammensitzen kann, vermutlich auch temporär unterschiedlich. Wir dürfen uns da auf neue Innenarchitekturmodelle freuen. Ich glaube allerdings nicht, dass jede:r noch weiterhin seinen festen Arbeitsplatz haben wird. Das macht wirtschaftlich keinen Sinn, dass Plätze vorgehalten werden für Arbeitnehmer:innen, die vielleicht nur ein oder zweimal die Woche im Büro sind.
Mirkovic: Wir dürfen nur auch die Bedeutung der Präsenz nicht unterschätzen, die spielt halt weiter eine wichtige Rolle. Weil wir am Ende nicht nur Satelliten sind, die in einzelnen Homeoffices arbeiten, sondern wir brauchen auch diese Gemeinsamkeit, diesen „Schmelzpunkt“ mit den Menschen, wo Neues durch direkte Zusammenarbeit entsteht. Nach über einem Jahr nahezu ausschließlich Homeoffice merkt man ganz deutlich diese Sehnsucht, jemanden wahrzunehmen, nicht nur bis zum Hals auf dem Bildschirm, sondern als ganzen Menschen im Raum. Es fehlt auch das Spontane. Wenn man im Homeoffice sitzt, muss man für jeden Termin und jedes Gespräch einen klaren Plan haben und man muss seinen ganzen Arbeitstag anders strukturiert beginnen, als wenn man zusammen vor Ort ist. Da entstehen beiläufig Momente, wenn man aneinander vorbeigeht, wenn man kurz in der Kaffeeküche ist, wenn man mithört, wie jemand etwas mit jemandem bespricht. Diese Momente werden auch weiterhin sehr kostbar sein und deshalb wird es eine Mischung brauchen.
Güttler: Da sind wir direkt bei Themen wie Marke oder Unternehmenskultur. Man hat quasi morgens die Tür durchtreten und immer ein Stückchen Unternehmenskultur gespürt, schon durch die Logos, die Gestaltung der Räume. Man hat so eine ganz bestimmte Vorstellung von einem innovativen Startup und oft stimmt auch das Klischee, da hängt ein Fahrrad, da steht ein Kicker, so ein bisschen Industriecharakter gehört auch dazu. Seit Corona sind diese Erlebnisse ganz oder weitestgehend weggefallen. Geht Marke überhaupt virtuell?