Tobias: Wir bleiben bei Praxis – an welcher Stelle kommt der Begriff „Landkarte“ ins Spiel?
Thomas: Die Emotionale Landkarte ist prinzipiell das Gleiche wie eine echte Landkarte: Man kann damit beginnen, den eigenen Standort zu erkennen und zu verstehen – welche Werte und Emotionen besetzt die eigene Marke in den Augen bzw. den Herzen der Zielgruppe? Das unterscheidet sich oft von der geplanten Markenpersönlichkeit. Viele unsere Kund:innen nutzen das Tool auch zur Zielbestimmung, um bei einer Neugründung oder einem Relaunch genau zu verstehen, welche Werte im Markt relevant sind, welche sich zur Differenzierung eignen und welche reine Hygienefaktoren sind.
Tobias: Das sind eher allgemeine Anwendungen, gibt es auch spezielle für eine Marke, die schon ihre Positionierung gefunden hat?
Thomas: Durch die differenzierten, sehr spezifischen Ergebnisse liefert Emotional Territories oft Ansatzpunkte für konkrete Maßnahmen: Das kann das Briefing für eine TV-Kampagne sein, die bestimmte Gefühle auslösen soll. In einem Fall war es der Gesprächsleitfaden für den technischen Ausdienst. Wir hatten für einen Computerhersteller gemessen, mit welche Werten und Emotionen man IT-Entscheider:innen am effektivsten ansprechen kann. Die allerkonkreteste Anwendung ergab sich bei einem E-Commerce-Unternehmen. Die für seine Produkte entscheidenden Werte und Emotionen wurden in Form einfachster Formulierungen in Google Ads eingebaut (z. B. wurde aus „Ambition“ der Satz „Zeig, was in Dir steckt!“). Das Ergebnis im A/B-Test war eine Erhöhung der CTR. Übers Jahr konnte man so einen siebenstelligen Betrag einsparen.
Tobias: Was war das Spannendste, das du bisher gemessen hast?
Thomas: Vor der letzten Bundestagswahl haben wir Wahlberechtigte gefragt, wie sich der perfekte Bundeskanzler anfühlt. Man konnte ziemlich gut sehen, warum Olaf Scholz am Ende die Nase vor Armin Laschet hatte.
Tobias: Auf Basis der Emotionalen Landkarte? Wie sah das konkret aus?
Thomas: Wir konnten – nach absteigender Wichtigkeit sortiert – diese Gefühle identifizieren, die einen idealen Kanzler ausmachen: der Powertyp, der gewissenhafte Typ, der Optimist, der Beharrliche, offen und ohne Vorbehalt, Charakterkopf, sich selbst unter Kontrolle haben, der Patriot, der Kümmerer, der Innovator, der Leidenschaftliche, der Teamplayer.
Wenn man die damals zur Auswahl stehenden Kandidaten nach diesen Kriterien bewerten ließ, war Olaf Scholz im Ranking etwas vor Armin Laschet. Allerdings waren beide weit hinter Angela Merkel, die wir aus Interesse einfach mitgetestet hatten.
Tobias: Und jetzt noch die Frage, die vermutlich immer kommt: Wie lang dauert solch eine Untersuchung und was kostet sie?
Thomas: Die Antwort, die dann immer kommt: Kommt darauf an. Und zwar auf die jeweilige Zielgruppe. Normalerweise liegt das Ergebnis nach drei Wochen vor. Der budgetäre Aufwand ist abhängig vom entsprechenden Rahmen. Aber: Es kostet weniger, als man vielleicht denkt.